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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 18.02.2008
Aktenzeichen: 5 U 115/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, LWG
Vorschriften:
BGB § 823 Abs. 2 | |
BGB § 906 Abs. 2 S. 2 | |
BGB § 1004 | |
BGB § 1004 Abs. 1 S. 2 | |
ZPO § 531 Abs. 2 | |
LWG § 115 |
Tenor:
Die Berufung der Kläger gegen das am 13. Juli 2007 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
(§ 540 ZPO)
A)
Die Kläger verlangen von den Beklagten die Zahlung von 2.478,40 € nebst Zinsen sowie die Freistellung von Anwaltskosten. Daneben begehren sie die Vornahme von Maßnahmen, die ein Überlaufen von Oberflächenwasser auf ihr Grundstück verhindern.
In den Jahren 1988 bis 1990 erwarb die Beklagte zu 2) Erbbaurechte an mehreren Grundstücken in K und führte in der Folgezeit dort Erschließungsarbeiten durch. Im Jahr 1994 erwarben die Kläger von der Beklagten zu 2) das Erbbaurecht an dem Grundstücks L-Weg, welches sie sodann mit einem Wohnhaus bebauten. Hinter dem Wohnhaus der Kläger verläuft ein im Eigentum des Beklagten zu 1) stehender unbefestigter Privatweg, welcher zu dem Grundstück der Kläger hin ein Gefälle aufweist.
Am 27.5.2006 regnete es sehr stark. Dabei floss Wasser in die im Keller des Hauses der Kläger befindliche Einliegerwohnung und verursachte dort verschiedene Schäden.
Die Kläger behaupten, die Beklagte zu 2) habe im Jahr 2000 das Bodenniveau des Privatweges verändert. Sie habe vor dem Grundstück ihrer - der Kläger - Nachbarn eine Erhöhung und vor ihrem - der Kläger - Grundstück eine Abgrabung vorgenommen. Die Beklagte zu 2) sei ihnen deshalb zum Schadensersatz und zur Durchführung baulicher Veränderungen verpflichtet. Der Beklagte zu 1) sei ihnen aufgrund seines Eigentums an dem Privatweg zum Schadensersatz und ebenfalls zur Durchführung der Baumaßnahmen verpflichtet.
Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit der Berufung. Sie behaupten erneut, dass die Beklagte zu 2) den Weg zu ihrem - der Kläger - Nachteil baulich verändert habe.
Die Kläger beantragten,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 2.478,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.3.2007 zu zahlen;
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, derartige Maßnahmen an dem Grundstück des Beklagten zu 1), Flurstück X der Gemarkung K1, Flur X N/B-Straße in K2 vorzunehmen, dass ein Überlaufen des Oberflächenwassers auf ihr Grundstück, Flurstück X der Gemarkung K1, Flur X, L-Weg in K2 in Zukunft ausgeschlossen ist;
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Kläger von der anrechnungsfreien Geschäftsgebühr der Rechtsanwälte C4, Dr. C & L, L-Ring #3, ####1 J in Höhe von 684,96 € freizustellen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der von ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
B)
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere ist der die Vornahme von Maßnahmen, die ein Überlaufen von Oberflächenwasser verhindern sollen, betreffende Antrag genügend bestimmt. Soweit die Beklagten meinen, es sei eine konkrete Beschreibung der begehrten Maßnahmen erforderlich, ist das unzutreffend. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Vornahme einer konkreten Maßnahme, sondern allenfalls einen Anspruch auf Vornahme von Maßnahmen, die einen weiteren Wasserübertritt vermeiden. Im allgemeinen muss nämlich dem Störer überlassen bleiben, auf welchem Weg er die bevorstehende Eigentumsbeeinträchtigung abwendet (BGH, NJW 04, 1035 (1037), m.w.N.).
Die Klage ist aber nicht begründet.
Die Kläger haben gegen die Beklagte zu 2) keinen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB auf Vornahme von Maßnahmen, die ein Überlaufen von Wasser verhindern. Denn es ist nicht festzustellen, dass die Beklagte zu 2) Störerin i.S. des § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB ist.
Soweit die Kläger sich auf das Einbringen einer Rinne und eines Wassereinlaufs in den Wege sowie auf die Errichtung einer Aufkantung an ihrer Grundstücksgrenze durch die Beklagte zu 2) stützen wollen, ist schon nicht ersichtlich, dass diese Veränderungen zu einer Vermehrung des Wasserzuflusses auf das Grundstück der Kläger geführt haben könnten; vielmehr ist insofern lediglich eine (wenn auch aus Sicht der Kläger unzureichende) Verringerungen des Zulaufs von Wasser auf ihr Grundstück denkbar.
Soweit die Kläger außerdem behaupten, dass die Beklagte zu 2) im Jahr 2000 - also zu einem Zeitpunkt, als die Kläger bereits Erbbauberechtigte waren - das Oberflächenniveau des Weges verändert habe, haben sie nicht rechtzeitig Beweis angetreten. Die Beklagte zu 2) hat schon erstinstanzlich die behaupteten Arbeiten im Jahr 2000 bestritten und vorgetragen, sie habe - abgesehen von dem Einsatz eines Regeneinlaufs in den 90er Jahren - keinerlei Arbeiten an dem Weg vorgenommen. Für die Vornahme der fraglichen Arbeiten durch die Beklagte zu 2) haben die Kläger erstinstanzlich keinen Beweis angetreten. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Beweis angetreten haben (Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten zu 2) als Partei), war dies verspätet. Anhaltspunkte dafür, dass der neue Beweisantritt gem. § 531 Abs. 2 ZPO ausnahmsweise zuzulassen wäre, liegen nicht vor.
Die Kläger haben gegen die Beklagte zu 2) auch keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB, § 115 LWG. Denn dass die Beklagte den natürlichen Ablauf des wild abfließenden Wassers zum Nachteil der Kläger künstlich verändert hätte, haben die Kläger eben nicht bewiesen (s.o.).
Mangels eines Hauptanspruchs gegen die Beklagte zu 2) haben die Klägern gegen sie auch weder einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen noch einen Freistellungsanspruch
Die Kläger haben auch gegen den Beklagten zu 1) keinen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB auf Vornahme von Maßnahmen, die ein Überlaufen von Wasser verhindern.
Der Beklagte zu 2) ist nicht als Störer nach § 1004 BGB für die Beeinträchtigung durch übertretendes Wasser verantwortlich.
Der bloße Umstand des Eigentums an demjenigen Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht, reicht nämlich zur Bejahung der Störereigenschaft nicht aus. Nach dem Wasserrecht (vgl. insbesondere § 115 LWG) ist vielmehr von der naturgesetzlichen Gegebenheit auszugehen, dass Wasser bergab fließt und den natürlichen Geländeverhältnissen folgt; das haben Oberlieger wie Unterlieger grundsätzlich hinzunehmen (BGH, NJW 91, 2770 (2772)).
Erforderlich für die Bejahung der Störereigenschaft des Eigentümers ist vielmehr, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf dessen Willen des Eigentümers zurückgeht (BGH, NJW 91, 2770 (2771); BGH, NJW 84, 2207 (2209) jeweils m.w.N.). Daher sind dem Eigentümer des Grundstücks, von dem durch Naturereignisse ausgelöste Störungen ausgehen, diese Beeinträchtigungen nur zuzurechnen, wenn er sie durch eine eigene Handlung oder ein pflichtwidriges Unterlassen herbeigeführt hat (BGH, NJW 91, 2770 (2771); BGH, NJW 84, 2207 (2209) jeweils m.w.N.). Insofern kommt hier nur die Duldung einer Niveauveränderung des Weges durch die Beklagte zu 2) seitens des Beklagten zu 1) in Betracht. Allerdings hat auch der Beklagte zu 1) eine Niveauveränderung bestritten. Rechtzeitig Beweis angetreten haben die Kläger nicht (s.o.).
Eine Störereigenschaft des Beklagten zu 1) ergibt sich auch nicht daraus, dass der Boden des Weges sei durch das mehrmals tägliche Befahren mit Lastkraftwagen verdichtet worden ist. Denn es ist nicht ersichtlich, dass dadurch der Rahmen normaler Benutzung des Weges überschritten würde. Das Befahren mit Fahrzeugen - auch mit schweren - gehört zur natürlichen Eigenart des Weges, der im übrigen auch schon vor der Erschließung des Bebauungsgebiets N zur Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen mit Nutzfahrzeugen befahren worden ist.
Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die auf dem Weg befindliche Rinne verstopft war. Die Verstopfung der Rinne ist dem Beklagten zu 1) nicht als störende Einwirkung auf den natürlichen Ablauf des Oberflächenwassers auf seinem Grundstück zuzurechnen. Es ist nicht ersichtlich und wird auch von den Klägern nicht behauptet, dass sich der Beklagte zu 1) gegenüber den Klägern verpflichtet hätte, für die Reinigung und Instandhaltung der Rinne zu sorgen. Aus dem Umstand, dass sich die Rinne auf dem Grundstück des Beklagten zu 1) befindet, ergibt sich eine Pflicht des Beklagten zu 1) zur Offenhaltung der Anlage nicht (vgl. BGH, NJW 91, 2770 (2772)), zumal die Kläger selbst zur Säuberung und Unterhaltung der Rinne durch Betreten des Weges in der Lage waren.
Die Kläger haben gegen den Beklagten zu 1) auch keinen Anspruch auf Zahlung von 2.478,40 € nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog. Dies folgt daraus, dass die Kläger schon keinen Abwehranspruch gegen den Beklagten zu 1) haben und demnach auf eigene Schutzmaßnahmen angewiesen sind. Der fehlende Primäranspruch schließt auch einen darauf aufbauenden nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch aus (BGH, NJW-RR 00, 537 (538)).
Mangels eines Hauptanspruchs haben die Kläger gegen den Beklagten zu 1) auch weder einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen noch einen Freistellungsanspruch.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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